Ich weiß nicht mehr, durch wie viele Wohnungen mich dieses Bild begleitet hat. Es stammt von Roy Lichtenstein. Unverkennbar. Das Poster mit dem offiziellen Arbeitsplatz des amerikanischen Präsidenten war der Beitrag des Pop-Art-Künstlers zum Wahlkampf der Demokraten 1992. Damals gewann Bill Clinton. Ich hab’s irgendwann für 50 Dollar im Gift-Shop des Museum of Modern Arts (MoMA) in New York erstanden. Heute ist es mein wertvollstes Kunstwerk. Vor einigen Jahren erzielte es auf Online-Auktionen 800 bis 1200 Dollar. Zur Zeit wird „A new generation of Leadership“ nicht mehr angeboten.
Es waren die schönsten Jahre meines Berufslebens, in denen ich das Poster gekauft habe. Viel Stress als Hauptstadt-Korrespondent. Aber dazu gehörte jedes Jahr im September eine Arbeitswoche in New York. Wer als Zeitung etwas auf sich hielt, entsandte aus Bonn und später Berlin einen Mitarbeiter zur Eröffnung der UN-Vollversammlung. Das war doppelt Stress. Aber die Zeitverschiebung von sechs Stunden machte es möglich, eine Schicht Arbeit bis zum deutschen Redaktionsschluss mit einer Schicht Vergnügen zu verbinden: Sightseeing, Shoppen, Theater, Jazzclubs. Und eben Museen. Ich war jung genug, das auszuhalten – fünf Tage plus Hin- und Rückflug inklusive Jetlag.
Besonders gern denke ich an die Jahre mit Klaus Kinkel zurück. Der war nicht der größte Politiker, dem ich begegnet bin, aber einer der angenehmsten Menschen in diesem Millieu. Während der „Uno-Woche“ hat er als Außenminister seine Protokoll-Abteilung regelmäßig ein kleines Neben-Programm für die Journalisten (und sich selbst) zusammenstellen lassen. Es enthielt stets einen politischen und einen kulturellen Punkt. So bin ich etwa in den Genuss einer Matinee mit den New Yorker Philharmonikern unter der Leitung von Kurt Masur gekommen.
Aber ich kann auch eine persönliche Anekdote zum Thema „9/11“ beisteuern. Nicht lange vor ihrer Zerstörung war ich nämlich im Restaurant eines der beiden Twin Towers, hoch droben im 101. Stock… pinkeln. Und zwar nicht mit irgendwem, sondern mit Henry Kissinger. Klaus Kinkel hatte ihn für seine journalistischen Begleiter zum Mittagessen eingeladen. Worum es politisch ging? Keine Ahnung mehr. Aber ich erinnere mich noch gut, dass wir, jeder vor seinem Urinal, über das Männerthema Nr. Eins geredet haben: Fußball. Der ehemalige amerikanische Außenminister ließ sich nämlich regelmäßig über das Wirken der Balltreter in seiner fränkischen Heimat unterrichten.
Aber zurück zum „Oval Office“-Poster. Der Slogan A NEW GENERATION IN LEADERSHIP wäre ja durchaus etwas für den Bundestagswahlkampf 2020 in Deutschland gewesen. Nicht für den nicht ganz neuen Olaf Scholz. Doch Annalena Baerbock hätte durchaus mit dem Gedanken werben können… wenn die Grünen nicht ihre Probleme mit dem Begriff „Führung“ hätten. Aber sie haben’s ja ohnehin versemmelt.